Discussion:
Facebook und die Störerhaftung
(zu alt für eine Antwort)
Sebastian Suchanek
2015-02-01 19:14:00 UTC
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Hallo NG!

Folgender Fall hat sich im Dunstkreis von Facebook zugetragen: Ein
Niederländer lädt völlig besinnungslos eine private Bildersammlung (wenn
ich's richtig verstanden habe, die seines verstorbenen Vates "in
memoriam") mit tausenden Bildern bei Facebook hoch. Das Problem dabei:
Diese Bilder hat sich der ursprüngliche Sammler anscheinend über die
Jahre im Internet zusammengesucht. Das alleine wäre je bekanntermaßen
kein Problem, das anschließende Hochladen bei Facebook durch den Sohn(?)
dagegen sehr wohl.

Nachdem ich in dieser Sammlung auch fünf Bilder entdeckt habe, an denen
ich selbst das Urheberecht habe, habe ich diese Bilder brav bei Facebook
mit dem dortigen "Urheberrechtsverstoßmeldeformular" gemeldet. Da diese
"Hochladeorgie" auch in einem Webforum diskutiert wurde, haben
möglicherweise auch andere Betroffene weitere Urheberrechtsvertöße
gemeldet. Das ist jetzt ca. 2-3 Wochen her.
Ziemlich bald nach der o.g. Meldung wurde die komplette Seite des
Facebooksnutzers (incl. Fotos) für Besucher aus Deutschland gesperrt,
sind aus Deutschland also nicht mehr abrufbar. Allerdings hat Facebook
die Seite nicht gelöscht, von anderen Ländern aus lässt sie sich noch
abrufen. Und wie ich mich gerade - von Finnland aus - überzeugen konnte,
ist von den fünf von mir gemeldeten Bildern nur ein einziges anscheinend
tatsächlich gelöscht, die anderen vier lassen sich weiterhin abrufen.

Bevor ich mir jetzt einen streitfreudigen Anwalt suche ;-): Wurde
Facebook in der Vergangenheit in ähnlich gelagerten Fällen schon mal
erfolgreich in Störerhaftung genommen? Sind Fälle bekannt, in denen
solches versucht wurde, die Klage aber auf die eine oder andere Weise
gescheitert ist?


TIA,

Sebastian
Hans-Peter Diettrich
2015-02-02 11:50:27 UTC
Permalink
Post by Sebastian Suchanek
Ziemlich bald nach der o.g. Meldung wurde die komplette Seite des
Facebooksnutzers (incl. Fotos) für Besucher aus Deutschland gesperrt,
sind aus Deutschland also nicht mehr abrufbar. Allerdings hat Facebook
die Seite nicht gelöscht, von anderen Ländern aus lässt sie sich noch
abrufen. Und wie ich mich gerade - von Finnland aus - überzeugen konnte,
ist von den fünf von mir gemeldeten Bildern nur ein einziges anscheinend
tatsächlich gelöscht, die anderen vier lassen sich weiterhin abrufen.
Bevor ich mir jetzt einen streitfreudigen Anwalt suche ;-): Wurde
Facebook in der Vergangenheit in ähnlich gelagerten Fällen schon mal
erfolgreich in Störerhaftung genommen? Sind Fälle bekannt, in denen
solches versucht wurde, die Klage aber auf die eine oder andere Weise
gescheitert ist?
IMO ist Facebook ist nicht das richtige Ziel. Mir drängt sich da immer
wieder der Vergleich mit SF Filmen auf, in denen Computer dadurch
zerstört werden, daß man den Monitor zerschießt ;-)

Die unerlaubte Nutzung erfolgt durch den Uploader (§19a UrhG), Facebook
ist allenfalls Handlungsgehilfe/Mitstörer und bis zum *Nachweis* des
Rechtsverstoßes nur schwer zu packen - wie man sieht :-(

Die (regionale) Sperrung der Bilder wäre allerdings IMO ein Indiz dafür,
daß Facebook die Rechtsvertöße grundsätzlich anerkennt - das wäre IMO
etwas, das man einem Anwalt mit guter Aussicht auf Erfolg vorlegen kann.
Dazu empfiehlt es sich wohl, die erfolgten Nutzungen (Besuche bei
Facebook) zu protokollieren, zur Dokumentation der nach der bisherigen
Sperrung fortgesetzten Verstöße.

Der effizienteste Weg wäre IMO dem Uploader eine Rechnung für die
unerlaubte Nutzung zu schicken, und die Forderung so konsequent zu
verfolgen, daß der irgendwann selbst gegenüber Facebook tätig werden
muß. In Anbetracht des Umfangs der Rechtsverstöße dürfte allerdings
finanziell nur wenig herausspringen, der Uploader ist ja jetzt schon
praktisch finanziell ruiniert. Es sollte aber reichen, einen einzelnen
Fall mit Hilfe eines Anwalts durchzuziehen, und nach diesem Muster dann
selbst weiterzumachen. Die fälligen Vergütungen steigen ja immer weiter,
solange die Werke bei Facebook zugänglich sind. Interessant wird es
dann, wenn sich Facebook auch gegenüber dem Uploader stur stellt - dann
könnte man ohne großes Risiko gegen Facebook vorgehen; dazu wird es aber
wohl garnicht erst kommen, denke ich.

DoDi
Sebastian Suchanek
2015-02-02 17:55:16 UTC
Permalink
Am 02.02.2015 um 12:50 schrieb Hans-Peter Diettrich:

Hallo Hans-Peter!
Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Sebastian Suchanek
Ziemlich bald nach der o.g. Meldung wurde die komplette Seite des
Facebooksnutzers (incl. Fotos) für Besucher aus Deutschland gesperrt,
sind aus Deutschland also nicht mehr abrufbar. Allerdings hat Facebook
die Seite nicht gelöscht, von anderen Ländern aus lässt sie sich noch
abrufen. Und wie ich mich gerade - von Finnland aus - überzeugen konnte,
ist von den fünf von mir gemeldeten Bildern nur ein einziges anscheinend
tatsächlich gelöscht, die anderen vier lassen sich weiterhin abrufen.
Bevor ich mir jetzt einen streitfreudigen Anwalt suche ;-): Wurde
Facebook in der Vergangenheit in ähnlich gelagerten Fällen schon mal
erfolgreich in Störerhaftung genommen? Sind Fälle bekannt, in denen
solches versucht wurde, die Klage aber auf die eine oder andere Weise
gescheitert ist?
IMO ist Facebook ist nicht das richtige Ziel. Mir drängt sich da immer
wieder der Vergleich mit SF Filmen auf, in denen Computer dadurch
zerstört werden, daß man den Monitor zerschießt ;-)
Die unerlaubte Nutzung erfolgt durch den Uploader (§19a UrhG), Facebook
ist allenfalls Handlungsgehilfe/Mitstörer und bis zum *Nachweis* des
Rechtsverstoßes nur schwer zu packen - wie man sieht :-(
Grundsätzlich stimme ich Dir schon zu, dass der Uploader der "bessere
Ansprechpartner" wäre. Allerdings komme ich an den bzw. seine
ladungsfähige Anschrift de facto nicht 'ran. Schon gar nicht, wenn man -
wie ich - überhaupt kein Facebookkonto hat.
Mit Facebookkonto könnte man's ja mal mit etwas "social engineering"
versuchen... ;-)
Post by Hans-Peter Diettrich
Die (regionale) Sperrung der Bilder wäre allerdings IMO ein Indiz dafür,
daß Facebook die Rechtsvertöße grundsätzlich anerkennt - das wäre IMO
etwas, das man einem Anwalt mit guter Aussicht auf Erfolg vorlegen kann.
Ähnlich war auch mein Gedanke. Denn durch das Abschicken des
Meldeformulars hat Facebook ja Kenntnis von den
Urheberrechtsverletzungen erlangt und kann sich IMO nicht mehr auf
§ 10 (1) TMG berufen.
Post by Hans-Peter Diettrich
Dazu empfiehlt es sich wohl, die erfolgten Nutzungen (Besuche bei
Facebook) zu protokollieren, zur Dokumentation der nach der bisherigen
Sperrung fortgesetzten Verstöße.
Der effizienteste Weg wäre IMO dem Uploader eine Rechnung für die
unerlaubte Nutzung zu schicken, und die Forderung so konsequent zu
verfolgen,
[...]
Würde ich glatt machen - wenn ich dem Uploader irgendwie habhaft werden
könnte (siehe oben).


Tschüs,

Sebastian
Hans-Peter Diettrich
2015-02-03 10:29:15 UTC
Permalink
Post by Sebastian Suchanek
Post by Hans-Peter Diettrich
Die unerlaubte Nutzung erfolgt durch den Uploader (§19a UrhG), Facebook
ist allenfalls Handlungsgehilfe/Mitstörer und bis zum *Nachweis* des
Rechtsverstoßes nur schwer zu packen - wie man sieht :-(
Grundsätzlich stimme ich Dir schon zu, dass der Uploader der "bessere
Ansprechpartner" wäre. Allerdings komme ich an den bzw. seine
ladungsfähige Anschrift de facto nicht 'ran. Schon gar nicht, wenn man -
wie ich - überhaupt kein Facebookkonto hat.
Das regelt dann Dein Anwalt, ggf. auch oder über den Staatsanwalt
(Akteneinsicht), wenn Du Strafanzeige erstattest. Und Nachhaken ist
wichtig, sonst könnte es Dir wie mir gehen: nach 6 Monaten kam da eine
Mitteilung vom LKA, daß der Täter nicht mehr festgestellt werden konnte :-(

Allerdings war damals die Seite bereits 2 Tage nach meiner Anzeige
verschwunden, und das war mir ja das Wichtigste bei der ganzen
Angelegenheit. Der IP (USA) erklärte mir damals auf meine Beschwerde
hin, daß er auf Anforderung durch "officials" die Adresse rausrücken
würde, und deshalb habe ich dann eben Strafanzeige erstattet. Damals kam
der Kripo-Beamte sogar bei mir zu Hause vorbei, weil die Dienststelle
mit PCs und Internetanschluß unterversorgt war. Da konnte ich ihm nur
noch die gespeicherte Seite zeigen, im Netz war sie schon weg.
Post by Sebastian Suchanek
Post by Hans-Peter Diettrich
Die (regionale) Sperrung der Bilder wäre allerdings IMO ein Indiz dafür,
daß Facebook die Rechtsvertöße grundsätzlich anerkennt - das wäre IMO
etwas, das man einem Anwalt mit guter Aussicht auf Erfolg vorlegen kann.
Ähnlich war auch mein Gedanke. Denn durch das Abschicken des
Meldeformulars hat Facebook ja Kenntnis von den
Urheberrechtsverletzungen erlangt und kann sich IMO nicht mehr auf
§ 10 (1) TMG berufen.
Früher war das einfacher, als die IP noch nicht über Werbung etc. fette
Gewinne gemacht haben. Da hat ein Hinweis gereicht, und die beanstandete
Seite oder der Benutzer wurde umgehend gelöscht. Es würde mich schon
interessieren, wie das heute bei Dir weitergeht...

DoDi
David Seppi
2015-02-03 11:43:10 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Früher war das einfacher, als die IP noch nicht über Werbung etc. fette
Gewinne gemacht haben. Da hat ein Hinweis gereicht, und die beanstandete
Seite oder der Benutzer wurde umgehend gelöscht.
Eventuell hat man heute auch mehr Angst vor Klagen. Löschen auf Zuruf
klingt nicht ganz sauber.
--
David Seppi
1220 Wien
Hans-Peter Diettrich
2015-02-03 12:52:56 UTC
Permalink
Post by David Seppi
Post by Hans-Peter Diettrich
Früher war das einfacher, als die IP noch nicht über Werbung etc. fette
Gewinne gemacht haben. Da hat ein Hinweis gereicht, und die beanstandete
Seite oder der Benutzer wurde umgehend gelöscht.
Eventuell hat man heute auch mehr Angst vor Klagen. Löschen auf Zuruf
klingt nicht ganz sauber.
Damals ging es meist um Raubkopien (von Programmen), und da war es
ziemlich einfach, den Rechtsinhaber festzustellen. Erst als andere
Inhalte hinzukamen, kommerzielle Interessen und (in D) das
Abmahn-Unwesen, ging der Hickhack um Rechtsverletzungen so richtig los.
Und die EU tut ihr Bestes, die Lage weiter und völlig unnötig zu
verkomplizieren (Framing...) :-(

DoDi

Florian Weimer
2015-02-02 18:07:26 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
IMO ist Facebook ist nicht das richtige Ziel.
Auch nachdem sie die Urheberverletzung nur unvollständig beseitigten?
Also vorsätzlich die Verletzung trotz positiver Kenntnis fortsetzen?

Ich denke schon, daß sie damit voll in der Schußlinie sind. Natürlich
kann das noch immer vor Gericht anders ausgehen, aber der Gesetzgeber
brachte m.E. durchaus zum Ausdruck, daß in diesem Fall das
Haftungsprivileg entfällt.
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