Discussion:
Buchbeitrag weiterverwenden
(zu alt für eine Antwort)
Adrian Suter
2014-09-19 12:31:13 UTC
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Folgende Situation:
Herausgeber fragt Autor an, einen Beitrag in einem mehrbändigen
Nachschlagewerk zu schreiben. Autor sagt zu. Honorar wird keines vereinbart.
Autor liefert Beitrag. Herausgeber sagt, er sei zu lang. Autor kürzt
Beitrag um ca. 30% und reicht Kurzfassung neu ein.

Autor möchte Langfassung weiterverwenden - zunächst als Skript für einen
Kurs, den er gibt, später in erneut überarbeiteter und wohl auch
erweiterter Form als eigenständige Buchpublikation. Buch wäre dann mind.
doppelt so lang wie die im Nachschlagewerk publizierte Fassung.

Autor hat nur Kontakt mit Herausgeber, nicht mit Verlag, und kennt die
Vereinbarungen zwischen Herausgeber und Verlag nicht.

Wie kann Autor vorgehen, um sicherzustellen, dass die erwähnte
Weiterverwendung möglich ist? Spielt der Umstand, dass Autor Schweizer
ist, während Herausgeber und Verlag in Deutschland zu Hause sind,
irgendeine Rolle?

Adrian
Stefan Ram
2014-09-19 15:26:09 UTC
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Post by Adrian Suter
Herausgeber fragt Autor an, einen Beitrag in einem mehrbändigen
Nachschlagewerk zu schreiben. Autor sagt zu. Honorar wird keines vereinbart.
BGB § 612

Vergütung

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart,
wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen
eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist
bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in
Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als
vereinbart anzusehen.
Post by Adrian Suter
Autor hat nur Kontakt mit Herausgeber, nicht mit Verlag, und kennt die
Vereinbarungen zwischen Herausgeber und Verlag nicht.
Es ist zu prüfen, wer hier Vertragspartner des Autors ist.
Ihm unbekannte Vereinbarungen Dritter sollten jedenfalls für
den Autor keine Rolle spielen. Die Frage ist, ob bei
Stillschweigen exklusive oder nicht-exklusive Nutzungsrechte
vereinbart sind.
Post by Adrian Suter
Spielt der Umstand, dass Autor Schweizer ist, während
Herausgeber und Verlag in Deutschland zu Hause sind,
irgendeine Rolle?
Man müßte ermitteln, ob Schweiz- oder Bundesrepublik-Recht
anzuwenden ist, und wo der Gerichtsstand ist.
Hans-Peter Diettrich
2014-09-19 18:36:07 UTC
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Post by Stefan Ram
Post by Adrian Suter
Herausgeber fragt Autor an, einen Beitrag in einem mehrbändigen
Nachschlagewerk zu schreiben. Autor sagt zu. Honorar wird keines vereinbart.
BGB § 612
Vergütung
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart,
wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen
eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist
bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in
Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als
vereinbart anzusehen.
Bei Werken eher §31 UrhG, insbes.:
(5) Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht
ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden
Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es
sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht
eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches
Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen
und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.
<<

Fraglich ist IMO, ob ein Nutzungsrecht durch das Einreichen als erteilt
betrachtet werden kann, da könnten Bräuche der Branche eine Rolle
spielen - ebenso für die übrigen Details.

DoDi
Helmut Richter
2014-09-19 19:00:01 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Stefan Ram
Post by Adrian Suter
Herausgeber fragt Autor an, einen Beitrag in einem mehrbändigen
Nachschlagewerk zu schreiben. Autor sagt zu. Honorar wird keines vereinbart.
BGB § 612
Vergütung
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart,
wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen
eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist
bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in
Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als
vereinbart anzusehen.
(5) Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht
ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern
zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt.
Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es
sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit
Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das
Nutzungsrecht unterliegt.
<<
Fraglich ist IMO, ob ein Nutzungsrecht durch das Einreichen als erteilt
betrachtet werden kann, da könnten Bräuche der Branche eine Rolle spielen -
ebenso für die übrigen Details.
Vielleicht hilft http://hk2.eu/tce/frame/main/199.htm weiter, wo auf ein
Urteil verwiesen wird mit dem Tenor:

[...] Danach sind nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt,
die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind. Die Einräumung
von über den Vertragszweck hinausgehenden Nutzungsrechten kann nur
angenommen werden, wenn ein entsprechender Parteiwille unzweideutig zum
Ausdruck gekommen ist.

Somit geht, wenn ich als Laie das richtig verstanden habe, das
*ausschließliche* Nutzungsrecht nicht konkludent auf den Herausgeber oder
Verlag über, weil das für die intendierte Nutzung nicht unerlässlich
ist. Anders wohl das *einfache* Recht zur Veröffentlichung.
--
Helmut Richter
Hans-Peter Diettrich
2014-09-19 23:42:19 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Somit geht, wenn ich als Laie das richtig verstanden habe, das
*ausschließliche* Nutzungsrecht nicht konkludent auf den Herausgeber oder
Verlag über, weil das für die intendierte Nutzung nicht unerlässlich
ist. Anders wohl das *einfache* Recht zur Veröffentlichung.
Generell gilt im Urheberrecht die Einräumung *minimaler* Rechte, die zur
Erfüllung eines (nicht näher spezifizierten) Vertrags notwendig sind.
Zusammen mit der erforderlichen *Einigung über den Inhalt des Vertrags*
kann IMO insbesondere ein ausländischer Urheber fast alles abstreiten,
was nicht explizit (schriftlich) vertraglich vereinbart ist. Ob es
dauerhaft hilfreich ist, sich damit gegen branchenübliche Konventionen
hinwegzusetzen, steht auf einem anderen Blatt. Damit sollte es im
Interesse des Verwerters liegen, seine Interessen an einem Werk
umfassend zu spezifizieren und sich bestätigen zu lassen, andererseits
sollte sich aber auch ein Urheber konventions-konform verhalten, wenn er
an einer längerfristigen Geschäftsbeziehung interessiert ist.

DoDi
Thomas Hochstein
2014-09-20 10:42:04 UTC
Permalink
Post by Adrian Suter
Herausgeber fragt Autor an, einen Beitrag in einem mehrbändigen
Nachschlagewerk zu schreiben. Autor sagt zu. Honorar wird keines vereinbart.
Ein solches Nachschlagewerk ist eine "nicht periodisch erscheinende
Sammlung" iSv § 38 Abs. 2 UrhG. Soweit mit dem Autor (!) nichts
anderes vereinbart ist, erwirbt der Verleger oder Herausgeber zwar im
Zweifel ein ausschließliches Nutzungsrecht, aber der Urheber darf "das
Werk nach Ablauf eines Jahres seit Erscheinen anderweit
vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen" (§ 38
Abs. 1 S. 2 UrhG).

Nach deutschem Recht darf also jedenfalls der ...
Post by Adrian Suter
Autor liefert Beitrag. Herausgeber sagt, er sei zu lang. Autor kürzt
Beitrag um ca. 30% und reicht Kurzfassung neu ein.
... Kurzbeitrag nach einem Jahr durch den Urheber weiter verwertet
werden; er kann nur keine weiteren Verwertungsrechte vergeben, ihn
also nicht für andere Nachschlagewerke o.ä. einreichen.
Post by Adrian Suter
Autor möchte Langfassung weiterverwenden - zunächst als Skript für einen
Kurs, den er gibt, später in erneut überarbeiteter und wohl auch
erweiterter Form als eigenständige Buchpublikation. Buch wäre dann mind.
doppelt so lang wie die im Nachschlagewerk publizierte Fassung.
Die Langfassung wurde ja nicht verwendet. Ich würde dementsprechend
annahmen, dass der Fall so zu beurteilen ist, wie wenn der Autor
zunächst eine Kurzfassung für das Nachschlagewerk erstellt hätte und
dann später auf deren Basis eine Langfassung verfassen würde. Ich
würde weiter annehmen, dass es insoweit darauf ankommt, ob es sich um
eine freie Benutzung i.S.v. § 24 UrhG handelt, ohne dass ich sicher
beurteilen möchte, ob diese Norm nur im Verhältnis des Autors zu einem
_anderen_ Autor, der aus der Kurzfassung eine Langfassung macht,
Geltung beanspruchen kann oder auch für den Fall, dass _derselbe_
Autor sein früheres Werk für ein neues Werk verwendet, im Hinblick auf
das Verhältnis des Autors zu den Inhabern der von ihm überlassenen
Nutzungsrechte von Bedeutung ist.

Soweit § 24 UrhG einschlägig ist, dürfte es darauf ankommen, wie weit
die Langfassung von der Kurzfassung inhaltlich entfernt ist.
Post by Adrian Suter
Autor hat nur Kontakt mit Herausgeber, nicht mit Verlag, und kennt die
Vereinbarungen zwischen Herausgeber und Verlag nicht.
Die dürften ihn auch kaum binden können; der Herausgeber kann dem
Verlag nur Rechte übertragen, die er seinerseits vom Autor erhalten
hat.
Post by Adrian Suter
Wie kann Autor vorgehen, um sicherzustellen, dass die erwähnte
Weiterverwendung möglich ist?
Einfache Lösung: Herausgeber und Verlag dazu befragen und deren
Zustimmung einholen; wird diese erteilt, kommt es auf alle weiteren
Rechtsfragen nicht mehr an, denn wenn die möglichen Inhaber
ausschließlicher Verwertungsrechte einverstanden sind, kann es keine
rechtlichen Probleme geben.

Teurere Lösung: Beratung durch einen im entsprechenden Rechtsgebiet
erfahrenen Juristen, angesichts möglicher Haftungsrisiken am ehesten
durch einen Rechtsanwalt.
Post by Adrian Suter
Spielt der Umstand, dass Autor Schweizer
ist, während Herausgeber und Verlag in Deutschland zu Hause sind,
irgendeine Rolle?
Nur, soweit sich damit die Frage nach dem anwendbaren Recht stellt.

Insoweit erlaube ich mir, vollumfänglich zu passen. :)

Grüße,
-thh
--
Deutsches Bundesrecht: <http://www.gesetze-im-internet.de/>
Juristische Informationstexte: <http://th-h.de/infos/jura/>
Linkverzeichnis von Gesetzestexten: <http://rechtliches.de/>
Verbreitete Gesetzestexte im Volltext: <http://dejure.org/>
Hans-Peter Diettrich
2014-09-20 14:57:45 UTC
Permalink
Post by Adrian Suter
Autor liefert Beitrag. Herausgeber sagt, er sei zu lang. Autor kürzt
Beitrag um ca. 30% und reicht Kurzfassung neu ein.
.... Kurzbeitrag nach einem Jahr durch den Urheber weiter verwertet
werden; er kann nur keine weiteren Verwertungsrechte vergeben, ihn
also nicht für andere Nachschlagewerke o.ä. einreichen.
Post by Adrian Suter
Autor möchte Langfassung weiterverwenden - zunächst als Skript für einen
Kurs, den er gibt, später in erneut überarbeiteter und wohl auch
erweiterter Form als eigenständige Buchpublikation. Buch wäre dann mind.
doppelt so lang wie die im Nachschlagewerk publizierte Fassung.
Die Langfassung wurde ja nicht verwendet. Ich würde dementsprechend
annahmen, dass der Fall so zu beurteilen ist, wie wenn der Autor
zunächst eine Kurzfassung für das Nachschlagewerk erstellt hätte und
dann später auf deren Basis eine Langfassung verfassen würde.
Das würde ich zwar genau umgekehrt sehen, aber IANAL.

Für mich wäre die vom Herausgeber akzeptierte Kurzfassung eine
*Bearbeitung* der zuvor abgelehten Langfassung, mit (ggf.?)
selbständigem Werksschutz (unbeschadet des Rechts des Urhebers am
bearbeiteten Werk, §3 UrhG). Da der Verwerter keine Kenntnis über den
tatsächlichen Umfang des seiner Bearbeitung zugrundeliegenden Werks
haben kann oder muß - die zuerst eingereichte Langfassung kann ja
bereits eine Kurzfassung eines längeren Werks sein - würde ich ihm auch
keine Rechte am ursprünglichen bzw. später veröffentlichten Werk einräumen.

DoDi
Thomas Hochstein
2014-09-21 13:45:40 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Für mich wäre die vom Herausgeber akzeptierte Kurzfassung eine
*Bearbeitung* der zuvor abgelehten Langfassung, mit (ggf.?)
selbständigem Werksschutz (unbeschadet des Rechts des Urhebers am
bearbeiteten Werk, §3 UrhG). Da der Verwerter keine Kenntnis über den
tatsächlichen Umfang des seiner Bearbeitung zugrundeliegenden Werks
haben kann oder muß - die zuerst eingereichte Langfassung kann ja
bereits eine Kurzfassung eines längeren Werks sein - würde ich ihm auch
keine Rechte am ursprünglichen bzw. später veröffentlichten Werk einräumen.
Das wäre auch eine denkbare Lösung, die dem Urheber wohl noch
günstiger wäre, ja.
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Verbreitete Gesetzestexte im Volltext: <http://dejure.org/>
Adrian Suter
2014-10-10 11:35:08 UTC
Permalink
Post by Adrian Suter
Herausgeber fragt Autor an, einen Beitrag in einem mehrbändigen
Nachschlagewerk zu schreiben. Autor sagt zu. Honorar wird keines vereinbart.
Autor liefert Beitrag. Herausgeber sagt, er sei zu lang. Autor kürzt
Beitrag um ca. 30% und reicht Kurzfassung neu ein.
Autor möchte Langfassung weiterverwenden - zunächst als Skript für einen
Kurs, den er gibt, später in erneut überarbeiteter und wohl auch
erweiterter Form als eigenständige Buchpublikation.
Nur, falls es jemanden interessiert:

Herausgeber hat auf Nachfrage von Autor hin mitgeteilt, aus seiner Sicht
stehe einer solchen Weiterverwendung der Langfassung überhaupt nichts
entgegen.

Adrian
Hans-Peter Diettrich
2014-10-10 13:10:23 UTC
Permalink
Durchaus :-)
Post by Adrian Suter
Herausgeber hat auf Nachfrage von Autor hin mitgeteilt, aus seiner Sicht
stehe einer solchen Weiterverwendung der Langfassung überhaupt nichts
entgegen.
Eine solche Abklärung ist nämlich immer die erste Wahl, bevor man sich
nur auf seine Rechte beruft und ggf. eine Klage riskiert - einen Anwalt
kann man ja immer noch einschalten, wenn sich der Vertragspartner nicht
kooperativ zeigt.

Daneben zeigt sich noch, daß Urheber ihre Werke nicht einfach aus der
Hand geben sollten, sondern zumindest den Zweck der erlaubten Nutzung
schriftlich so weit festlegen sollten, daß eine mögliche eigene Nutzung
nicht beeinträchtigt wird. Der Vertragspartner wird sich dann schon
melden, wenn er darin eine Beeinträchtigung *seiner* beabsichtigten
Nutzung erkennt.

IMO würde da schon eine Anmerkung "zum Abdruck in ..." bei der
Einreichung ausreichen, um die dafür benötigten Nutzungsrechte zu
umschreiben (IANAL).

DoDi

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