Discussion:
"Private Zwecke"
(zu alt für eine Antwort)
Jörg 'Yadgar' Bleimann
2014-04-26 13:16:27 UTC
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Hi(gh)!

Wie streng sind eigentlich die "privaten Zwecke" in §53 UrhG definiert?
Darf ich eine Kopie nur dann anfertigen, wenn ich zum Zeitpunkt des
Kopierens jeglichen zukünftigen Nutzen dieser Kopie zu wie auch immer
gearteten beruflichen oder mit finanziellem Gewinn verbundenen Zweck mit
Sicherheit ausschließen kann? Dann wäre ja eigentlich überhaupt keine
Privatkopie zulässig...

Und wenn ich zum Zeitpunkt des Kopierens nicht beabsichtige, die Kopie
in irgendeiner Form (und sei es nur, dass das Wissen über die in der
Kopie enthaltene Information (z. B. eines Ausschnittes aus einem Buch
oder einer Zeitschrift) für mich irgendwann einmal in einem beruflichen
Zusammenhang nützlich wird) nicht-privat zu nutzen, dies aber später
doch passiert? Ist dann zum Beispiel die Verwendung des aus einer Kopie
angelesenen Wissens strafbar?

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar

Now playing: I feel free (Cream) - auch eine Kopie, die ich höre,
während ich in dieser Newsgroup poste - strafbar?
--
10 PRINT"AFGHANISTAN GRUESST DEN REST DER WELT!"
20 GOTO 10

RUN
Hans-Peter Diettrich
2014-04-26 15:08:58 UTC
Permalink
Post by Jörg 'Yadgar' Bleimann
Wie streng sind eigentlich die "privaten Zwecke" in §53 UrhG definiert?
Darf ich eine Kopie nur dann anfertigen, wenn ich zum Zeitpunkt des
Kopierens jeglichen zukünftigen Nutzen dieser Kopie zu wie auch immer
gearteten beruflichen oder mit finanziellem Gewinn verbundenen Zweck mit
Sicherheit ausschließen kann? Dann wäre ja eigentlich überhaupt keine
Privatkopie zulässig...
AFAIR wurde mir (hier) erklärt, daß es sich um einen
"Erlaubnistatbestand" (für die Herstellung) handelt, der eine andere
spätere Nutzung nicht zwingend ausschließt.

In der Praxis dürfte es auch meist schwerfallen, die Herkunft und
tatsächliche Nutzung einer Kopie nachzuweisen, so daß sich eine
schärfere Fassung des Paragraphen wohl nicht gelohnt hat. Er wurde ja
hauptsächlich deshalb eingefügt, um private Werksnutzung zu
entkriminalisieren. Z.B. habe ich hier etliche Kopien von Büchern, die
mir ein Bekannter aus der Schweiz geschickt hat, wo (nach seiner
Aussage) für Privatkopien keine Einschränkungen wie in D existieren.
Hätte ich die zurückschicken oder vernichten sollen, damit mir später
niemand aus deren Besitz einen Strick drehen kann?

DoDi
Thomas Koller
2014-04-28 14:26:29 UTC
Permalink
Post by Jörg 'Yadgar' Bleimann
Hi(gh)!
Wie streng sind eigentlich die "privaten Zwecke" in §53 UrhG definiert?
Darf ich eine Kopie nur dann anfertigen, wenn ich zum Zeitpunkt des
Kopierens jeglichen zukünftigen Nutzen dieser Kopie zu wie auch immer
gearteten beruflichen oder mit finanziellem Gewinn verbundenen Zweck mit
Sicherheit ausschließen kann? Dann wäre ja eigentlich überhaupt keine
Privatkopie zulässig...
Wieso? Was du für die Zukunft ausschliesst oder nicht interessiert in
dem Zusammenhang doch nicht.

Auch wenn du zum Zeitpunkt des kopierens bereits beschlossen hast die
Kopie zu veröffentlichen, wird das ganze erst dann illegal, wenn du
die Kopie auch tatsächlich veröffentlichst. Bis dahin ist das rechtlich
eine Privatkopie.

Sieh es wie beim einkaufen. Wenn du die CD aus dem Regal nimmst um sie
zu stehlen, ist das noch kein Diebstahl. Erst wenn du an der Kasse
vorbei bist und ohne zu zahlen weitergehst, kann dir der Ladendetektiv
was anhaben.
Post by Jörg 'Yadgar' Bleimann
Und wenn ich zum Zeitpunkt des Kopierens nicht beabsichtige, die Kopie
in irgendeiner Form (und sei es nur, dass das Wissen über die in der
Kopie enthaltene Information (z. B. eines Ausschnittes aus einem Buch
oder einer Zeitschrift) für mich irgendwann einmal in einem beruflichen
Zusammenhang nützlich wird) nicht-privat zu nutzen, dies aber später
doch passiert?
Dann ist das später eine Übertretung des Urheberrechts.
Post by Jörg 'Yadgar' Bleimann
Ist dann zum Beispiel die Verwendung des aus einer Kopie
angelesenen Wissens strafbar?
In der Regel nicht. Der urheberrechtlich Verstoß ist unabhängig davon
ob du dir die Inhalte merkst oder nicht.

Tom
Hans-Peter Diettrich
2014-04-29 01:44:54 UTC
Permalink
Post by Thomas Koller
Auch wenn du zum Zeitpunkt des kopierens bereits beschlossen hast die
Kopie zu veröffentlichen, wird das ganze erst dann illegal, wenn du
die Kopie auch tatsächlich veröffentlichst. Bis dahin ist das rechtlich
eine Privatkopie.
Sieh es wie beim einkaufen. Wenn du die CD aus dem Regal nimmst um sie
zu stehlen, ist das noch kein Diebstahl. Erst wenn du an der Kasse
vorbei bist und ohne zu zahlen weitergehst, kann dir der Ladendetektiv
was anhaben.
Und da endet die Analogie auch schon. Auf der (geklauften) CD kann
durchaus wirksam draufstehen, daß sie nur für private Zwecke genutzt
werden darf, was dann zum Bestandteil des Kaufvertrags wird. Bei
Privatkopien gibt es keinen derartigen Vertrag, so daß die weitere
Nutzung keiner solchen Einschränkung mehr unterliegt. Für die übliche
Verwendung eines solchen Werkstücks (Lesen...) ist kein Nutzungsrecht
notwendig, egal ob Privatkopie und anderes Werkstück.
Post by Thomas Koller
Post by Jörg 'Yadgar' Bleimann
Ist dann zum Beispiel die Verwendung des aus einer Kopie
angelesenen Wissens strafbar?
Das UrhG greift nur, wenn das Werk selbst betroffen ist (Kopie,
Verbreitung). Da §55 I UrhG nur die *Herstellung* einer Privatkopie
regelt, muß IMO jeder mit sich selbst ausmachen, ob er schon zum
Zeitpunkt der Herstellung vorhatte, die Kopie in der dort genannten
(unzulässigen) Weise zu nutzen, oder ob ihm das erst später eingefallen
ist. Das würde dann bedeuten, daß noch ein anderer (rechtskonformer)
Grund für die Herstellung vorgelegen haben müßte (§53 II ff.), was im
Einzelfall allerdings schwierig werden könnte.

DoDi
Lars Gebauer
2014-04-29 07:43:35 UTC
Permalink
Auf der (geklauften) CD kann durchaus wirksam draufstehen, daß sie
nur für private Zwecke genutzt werden darf, was dann zum Bestandteil
des Kaufvertrags wird.
Das klingt recht merkwürdig.
Bei Privatkopien gibt es keinen derartigen Vertrag, so daß die
weitere Nutzung keiner solchen Einschränkung mehr unterliegt.
Das dürfte einfach nur falsch sein. Auch wenn Du rechtmäßig eine
Priatkopie hergestellt hast, hast Du deswegen noch lange kein
Veröffentlichungs- oder anderes recht.
Das UrhG greift nur, wenn das Werk selbst betroffen ist (Kopie,
Verbreitung). Da §55 I UrhG nur die *Herstellung* einer Privatkopie
regelt, muß IMO jeder mit sich selbst ausmachen, ob er schon zum
Zeitpunkt der Herstellung vorhatte, die Kopie in der dort genannten
(unzulässigen) Weise zu nutzen, oder ob ihm das erst später
eingefallen ist.
Welche Relevanz sollte das haben?
Hans-Peter Diettrich
2014-04-29 08:33:44 UTC
Permalink
Post by Lars Gebauer
Auf der (geklauften) CD kann durchaus wirksam draufstehen, daß sie
nur für private Zwecke genutzt werden darf, was dann zum Bestandteil
des Kaufvertrags wird.
Das klingt recht merkwürdig.
Ist aber so - was den Kaufvertrag betrifft.
Post by Lars Gebauer
Bei Privatkopien gibt es keinen derartigen Vertrag, so daß die
weitere Nutzung keiner solchen Einschränkung mehr unterliegt.
Das dürfte einfach nur falsch sein. Auch wenn Du rechtmäßig eine
Priatkopie hergestellt hast, hast Du deswegen noch lange kein
Veröffentlichungs- oder anderes recht.
Das habe ich auch nicht behauptet. Wenn Nutzungsrechte ins Spiel kommen,
müssen die immer eingeräumt werden.
Post by Lars Gebauer
Das UrhG greift nur, wenn das Werk selbst betroffen ist (Kopie,
Verbreitung). Da §55 I UrhG nur die *Herstellung* einer Privatkopie
regelt, muß IMO jeder mit sich selbst ausmachen, ob er schon zum
Zeitpunkt der Herstellung vorhatte, die Kopie in der dort genannten
(unzulässigen) Weise zu nutzen, oder ob ihm das erst später
eingefallen ist.
Welche Relevanz sollte das haben?
Das sollte natürlich §53 heißen :-(

DoDi
Lars Gebauer
2014-04-29 08:48:39 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Lars Gebauer
Bei Privatkopien gibt es keinen derartigen Vertrag, so daß die
weitere Nutzung keiner solchen Einschränkung mehr unterliegt.
Das dürfte einfach nur falsch sein. Auch wenn Du rechtmäßig eine
Priatkopie hergestellt hast, hast Du deswegen noch lange kein
Veröffentlichungs- oder anderes recht.
Das habe ich auch nicht behauptet. Wenn Nutzungsrechte ins Spiel kommen,
müssen die immer eingeräumt werden.
Was meinst Du dann mit "weiterer Nutzung", die dann "keiner solchen
Einschränkung mehr unterliegt"?
Hans-Peter Diettrich
2014-04-29 13:35:22 UTC
Permalink
Post by Lars Gebauer
Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Lars Gebauer
Bei Privatkopien gibt es keinen derartigen Vertrag, so daß die
weitere Nutzung keiner solchen Einschränkung mehr unterliegt.
Das dürfte einfach nur falsch sein. Auch wenn Du rechtmäßig eine
Priatkopie hergestellt hast, hast Du deswegen noch lange kein
Veröffentlichungs- oder anderes recht.
Das habe ich auch nicht behauptet. Wenn Nutzungsrechte ins Spiel kommen,
müssen die immer eingeräumt werden.
Was meinst Du dann mit "weiterer Nutzung", die dann "keiner solchen
Einschränkung mehr unterliegt"?
Sorry, ich habe zur Zeit Probleme mit dem Formulieren. Liegt vielleicht
an der ungewohnten Hitze diese Tage ;-)

Auf was ich hinauswollte sind Einschränkungen, die über das Urheberrecht
hinausgehen, und die können beim Kauf vertraglich ausbedungen werden.
Nehmen wir mal die Einschränkungen des §53 I ff. ("nicht zu
Erwerbszwecken..."), die gelten dort nur für die Herstellung einer
Privatkopie, während vertragliche Bedingungen *jegliche* Verwendung
gleichartig einschränken können.

Als Beispiel fällt mir gerade nur Fachliteratur ein
(Reparaturanleitungen...), die sowohl privat als auch gewerblich
verwendet werden kann, ohne daß irgendwelche Nutzungsrechte
(Vervielfältigung, Veröffentlichung...) dafür notwendig sind. Dann
könnten davon 2 Sorten CDs verkauft werden, einmal zur privaten Nutzung
(billig) und eine für gewerbliche Nutzung (teuer).

DoDi
Lars Gebauer
2014-04-29 14:31:23 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Als Beispiel fällt mir gerade nur Fachliteratur ein
(Reparaturanleitungen...), die sowohl privat als auch gewerblich
verwendet werden kann, ohne daß irgendwelche Nutzungsrechte
(Vervielfältigung, Veröffentlichung...) dafür notwendig sind. Dann
könnten davon 2 Sorten CDs verkauft werden, einmal zur privaten Nutzung
(billig) und eine für gewerbliche Nutzung (teuer).
Ahso. Früher gab es, IIRC, sogenannte "Leiherkassetten" in Videotheken.
Dies waren VHS-Videokassetten, die speziell für die Ausleihe in den
Videotheken gedacht waren und deswegen auch erheblich teurer waren. So
etwas gibt es vielleicht heute auch noch, wenn auch wahrscheinlich in
Form von CD bzw. DVD.[1]

Du meinst so etwas?

[1]Keine Ahnung, wie das heute tatsächlich ist. Mein letzter Besuch
einer Videothek war vor ca. 20 Jahren. Aber immerhin gibt es hier noch
eine. Vielleicht sollte ich mal gucken gehen.
Hans-Peter Diettrich
2014-04-29 15:14:22 UTC
Permalink
Post by Lars Gebauer
Post by Hans-Peter Diettrich
Als Beispiel fällt mir gerade nur Fachliteratur ein
(Reparaturanleitungen...), die sowohl privat als auch gewerblich
verwendet werden kann, ohne daß irgendwelche Nutzungsrechte
(Vervielfältigung, Veröffentlichung...) dafür notwendig sind. Dann
könnten davon 2 Sorten CDs verkauft werden, einmal zur privaten Nutzung
(billig) und eine für gewerbliche Nutzung (teuer).
Ahso. Früher gab es, IIRC, sogenannte "Leiherkassetten" in Videotheken.
Dies waren VHS-Videokassetten, die speziell für die Ausleihe in den
Videotheken gedacht waren und deswegen auch erheblich teurer waren. So
etwas gibt es vielleicht heute auch noch, wenn auch wahrscheinlich in
Form von CD bzw. DVD.[1]
Du meinst so etwas?
Eigentlich nicht, denn Verleih und Vermietung sind erlaubnispflichtige
Werksnutzungen (§17, 27 UrhG), die hier vermutlich eingeräumt und
pauschal über den höheren Preis abgegolten wurden.

Anderes Beispiel: eine Straßenkarte kann privat oder kommerziell
(Busfahrer...) verwendet werden, ohne daß eine Werksnutzung i.S.d. UrhG
vorliegt.

DoDi
Thomas Koller
2014-05-05 14:22:16 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Thomas Koller
Auch wenn du zum Zeitpunkt des kopierens bereits beschlossen hast die
Kopie zu veröffentlichen, wird das ganze erst dann illegal, wenn du
die Kopie auch tatsächlich veröffentlichst. Bis dahin ist das rechtlich
eine Privatkopie.
Sieh es wie beim einkaufen. Wenn du die CD aus dem Regal nimmst um sie
zu stehlen, ist das noch kein Diebstahl. Erst wenn du an der Kasse
vorbei bist und ohne zu zahlen weitergehst, kann dir der Ladendetektiv
was anhaben.
Und da endet die Analogie auch schon.
Weiter soll sie auch nicht gehen, warum auch.
Post by Hans-Peter Diettrich
Auf der (geklauften) CD kann
durchaus wirksam draufstehen, daß sie nur für private Zwecke genutzt
werden darf, was dann zum Bestandteil des Kaufvertrags wird.
Nur weil etwas auf der CD steht, muss das noch lange nicht Bestandteil
des Kaufvertrages werden. Einschränkungen wären nur möglich wenn sie
tatsächlich beim Kauf mit vereinbart wurden.

Aber darum geht es eigentlich gar nicht. Auch bei einer "normalen" Kauf-CD
hast du nicht das Recht die CD zu veröffentlichen.
Dafür müsstest du den Kaufvertrag erweitern, nicht einschränken.
Post by Hans-Peter Diettrich
Bei
Privatkopien gibt es keinen derartigen Vertrag, so daß die weitere
Nutzung keiner solchen Einschränkung mehr unterliegt.
Welche Einschränkung denn?

Tom

Tom Schneider
2014-05-01 17:21:36 UTC
Permalink
Post by Thomas Koller
Sieh es wie beim einkaufen. Wenn du die CD aus dem Regal nimmst um sie
zu stehlen, ist das noch kein Diebstahl. Erst wenn du an der Kasse
vorbei bist und ohne zu zahlen weitergehst, kann dir der Ladendetektiv
was anhaben.
Nicht ganz. Das Gesetz hebt auf das Tatbestandsmerkmal "Zueignungsabsichrt" ab. Aber in
der Praxis hast Du Recht, es dürfte es die Mutter mit drei randalierenden Kleinkindern
schwer haben, mit der Stresssituation zu erklären, dass sie nicht klauen wollte, sondern
bei ihren ganzen Einkäufen ihr die CD im Geschrei untergegangen ist.
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